LATITUDE-Studie: Wie Prostatakrebs und Metastasen behandeln?

Welche Behandlung ist bei Patienten mit einem neu diagnostizierten, metastasierten Prostatakrebs von Vorteil? In der LATITUDE-Studie bot die in der ärztlichen Behandlungsleitlinie 2019 empfohlene 3-fach-Kombination aus Androgendeprivationstherapie (ADT) plus Abirateron plus Prednison gegenüber der alleinigen ADT klare Vorteile.1,2

Seit vielen Jahren gilt der medikamentöse Hormonentzug (Androgendeprivationstherapie, kurz ADT) als Goldstandard bei der Behandlung von Prostatakrebs-Patienten mit Metastasen.1,2 Wird durch die ADT das Fortschreiten der Erkrankung gebremst und der PSA-Wert gesenkt, handelt es sich um ein „hormonsensitives“ Prostatakarzinom.3

Als Therapieoption für das hormonsensitive, metastasierte Prostatakarzinom (mPCa) empfiehlt die ärztliche Behandlungsleitlinie 2019 u. a.:2

  • die Kombination einer ADT mit einer Chemotherapie (weitere Informationen zur sogenannten „Chemo-Hormontherapie“ erhalten Sie hier)

ODER

  • die Kombination einer ADT mit der Gabe der Substanz Abirateron.

Durch die Gabe von Abirateron wird die Bildung des „Männer“-Hormons Testosteron im Körper blockiert. Um die möglichen Erfolgsaussichten der Behandlung zu steigern und mögliche Nebenwirkungen zu lindern, wird zusätzlich ein Kortisonpräparat (Prednison oder Prednisolon) eingenommen.3

Doch bietet die 3-fach-Kombination aus ADT, Abirateron und Prednison Vorteile gegenüber dem einfachen medikamentösen Hormonentzug?

Dieser Fragestellung ging die klinische Studie LATITUDE nach.1

Welche Patientengruppe wurde untersucht?

An der LATITUDE-Studie nahmen insgesamt 1.199 Prostatakrebs-Patienten teil. Bei allen Patienten war bei der ersten Diagnose des Prostatakarzinoms die Erkrankung bereits fortgeschritten und der Krebs hatte gestreut, d. h. alle Patienten hatten Metastasen. Demnach untersuchte die Studie ausschließlich Patienten mit einem metastasierten Prostatakrebs (mPCa) und einem Hoch-Risikoprofil. Die mPCa-Patienten hatten vor dem Studienbeginn noch nie eine Hormonentzugstherapie bekommen und waren somit „kastrationsnaiv“. Im Rahmen der Studie erhielten die Patienten erstmalig eine medikamentöse Hormonentzugstherapie.1

Wie wurden die Patienten behandelt?

Die Patienten wurden nach dem Zufallsprinzip in zwei Behandlungsgruppen (Studienarme) aufgeteilt – man spricht in diesem Zusammenhang auch von einer „1:1 Randomisierung“:1

  1. Abirateron-Gruppe: 3-fach-Kombination aus Androgendeprivationstherapie, Abirateron und Prednison (n = 597 Patienten)

  2. Kontrollgruppe: Androgendeprivationstherapie allein (n = 602 Patienten)

Die Kontrollgruppe erhielt zusätzlich zur ADT noch zwei Placebos, die keinen Wirkstoff enthalten. Die Placebos wurden eingesetzt, weil bei dieser Studienform weder der behandelnde Urologe noch der Patient wissen durften, welcher der beiden Behandlungsgruppen der Patient angehört („doppelblinde Studie“).1

Studienendpunkte: Was genau wurde untersucht?

Das Ziel der LATITUDE-Studie war es, beim kastrationsnaiven mPCa den klinischen Nutzen der 3-fach-Kombinationstherapie gegenüber einer ADT allein zu untersuchen. Betrachtet wurden insbesondere die Gesamtüberlebenszeit und die Überlebenszeit ohne ein Fortschreiten der Erkrankung („radiografisch progressionsfreies Überleben oder Tod“).1

Analysiert wurde zudem die Zeitspanne bis:1

  • zur nächsten Komplikation in Bezug auf die Knochen (skelettale Komplikationen)

  • zum Anstieg des PSA-Wertes

  • zum Beginn der nächsten Prostatakrebstherapie

  • zum Start einer Chemotherapie

  • zur Verschlimmerung der Schmerzen

Zwischenergebnis: 3-fach-Kombinationstherapie klar von Vorteil

Im Juli 2017 wurde eine erste Zwischenauswertung der LATITUDE-Studie veröffentlicht. Patienten, die eine Kombination aus ADT, Abirateron und Prednison bekamen, lebten signifikant länger als die Patienten der Kontrollgruppe. Nach 3 Jahren lebten noch 66 % der Patienten aus der Abirateron-Gruppe. Im Vergleich dazu lebten noch 49 % der Patienten aus der Kontrollgruppe (durchschnittliche Gesamtüberlebenszeit 34,7 Monate).

Das radiologisch progressionsfreie Überleben betrug in der Abirateron-Gruppe durchschnittlich 33,0 Monate vs. 14,8 Monate in der Kontrollgruppe. Auch bezogen auf alle anderen untersuchten Fragestellungen war das Behandlungsergebnis (Outcome) in der Abirateron-Gruppe signifikant besser als in der Kontrollgruppe.1

Konsequenz der klaren Ergebnisse: auch die Kontrollgruppe darf zusätzlich zur ADT mit Abirateron behandelt werden

Aufgrund der klaren Ergebnisse zugunsten der Kombinationsbehandlung erlaubte das unabhängige Daten‐ und Sicherheitsmonitoring‐Komitee, dass die Studie „entblindet“ wird. Unter „Entblindung“ versteht man die Offenlegung der Information gegenüber den behandelnden Urologen, welcher ihrer Patienten zu welcher Behandlungsgruppe gehört. Gleichzeitig wurde erlaubt, dass alle Patienten aus der Kontrollgruppe im Rahmen der Studie auch mit der 3-fach-Kombination aus ADT, Abirateron und Prednison behandelt werden konnten.1

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