Kann man Prostatakrebs durch gesundes Leben verhindern?

In wiederkehrender Regelmäßigkeit gibt es sowohl Experten und Fachgesellschaften als auch diverse Untersuchungen, die einen bestimmten Lebensstil anpreisen oder auch verteufeln, da er die Entstehung von Krebs verhindern oder eben fördern soll.

Zu den möglichen Faktoren, die bei der Krebsentstehung eine Rolle spielen, zählt vor allem die Ernährung. Dementsprechend viele Studien befassen sich immer wieder damit zu untersuchen, welche Nahrungsmittel oder Ernährungsprinzipien welchen Einfluss auf das Krebsrisiko haben. Ganz im Trend liegt dabei die vegane Ernährung. Immer mehr Menschen verzichten nicht nur auf Fleisch, sondern ganz auf tierische Produkte. Kein Wunder, dass auch bei diesem Lebensstil untersucht wird, inwieweit er Krebs verhindern kann.

 

Geringeres Risiko

So wurden in einer Studiengruppe von 26.346 Männern alle Fälle von Prostatakrebs registriert und anschließend der Zusammenhang zwischen der Erkrankungshäufigkeit und der Ernährung berechnet. Verglichen wurden dafür die Ernährungsformen nicht-vegetarisch, ovo-lacto-vegetarisch, pescetarisch (Fischesser), semi-vegetarisch und vegan. Der Vergleich der verschiedenen Ernährungsarten wurde dadurch erleichtert, dass es sich bei allen Teilnehmern um Anhänger einer religiösen Vereinigung handelte, zu deren Lebensstil eine grundsätzlich gesunde Ernährung gehört. Somit wurden andere mögliche Unterschiede zwischen den Gruppen minimiert. Das Ergebnis: Insgesamt traten 1.079 Fälle von Prostatakrebs auf. Dabei zeigte sich, dass das Erkrankungsrisiko für die ca. acht Prozent Veganer im Vergleich zu den anderen Ernährungsformen am geringsten war, und das mit einer wissenschaftlich statistischen Deutlichkeit. Die Untersuchung belegt folglich, dass der Verzicht auf Fleisch – das ja immer wieder mit einem erhöhten Krebsrisiko in Verbindung gebracht wird – möglicherweise tatsächlich zu einem verminderten Risiko führen könnte. Ob dieses Argument alle Fleischliebhaber von einer veganen Ernährung überzeugt, bleibt fraglich.

Milch, Tomaten und Co.

Auch einzelnen Lebensmitteln wird ein erhöhtes oder erniedrigtes Krebsrisiko nachgesagt. Demnach ist Milch zwar ein guter Lieferant für Kalzium, dieses kann aber die Vitamin D-Aktivierung hemmen. Da ein geringer Vitamin D-Spiegel Studien zufolge wiederum mit einem erhöhten Risiko für Prostatakrebs zusammenhängt, wird auch der Verzehr von Milchprodukten mit dem erhöhten Krebsrisiko assoziiert. Auch verarbeitete Kohlenhydrate – wie in zuckerhaltigen Getränken und Fertig-Mahlzeiten – sind einer aktuellen Studie zufolge für ein erhöhtes Krebsrisiko mitverantwortlich.

Im Gegensatz dazu sollen Tomaten bzw. deren Inhaltsstoff Lykopin vor einer Tumorerkrankung schützen. Der Lykopingehalt ist in Tomatenprodukten wie Mark, Saft, Soße oder auch Ketchup sogar noch höher als in der reinen Tomate. Dass Lykopin, das auch in Hagebutten und anderem roten Gemüse vorkommt, das Krebsrisiko senken soll, hängt damit zusammen, dass der sogenannte Radikalfänger entzündungsfördernde Stoffe im Körper abzufangen kann. Auch steigert rotes Gemüse wiederum den Vitamin D-Spiegel.

Zudem können pflanzliche Substanzen – die Phytoöstrogene – möglicherweise dafür sorgen, dass Prostatazellen nicht bösartig werden, indem die Wirkstoffe bestimmte Zellrezeptoren stimulieren. Phytoöstrogene sind in Gemüse, Hülsenfrüchten, Getreide, Soja, Leinsamen und grünem Tee enthalten.

Und auch Spurenelemente und Vitamine können eventuell zur Krebsabwehr beitragen: Laut einer Studie konnte die langjährige ergänzende Einnahme von Selen, Zink und die Vitamine A, C und E das Erkrankungsrisiko der entsprechenden Probanden deutlich senken. Dazu sind aber noch weitere Studien nötig.

In Bewegung bleiben

Zu einem gesunden Lebensstil gehört immer auch ausreichende körperliche Aktivität. Diese kann zahlreichen Untersuchungen zufolge das Krebsrisiko senken. Dabei befassen sich die Studien sowohl mit dem reinen individuellen Risiko von aktiven oder nicht aktiven Männern als auch mit dem Effekt von Sport und Bewegung auf zellulärer Ebene. So zeigt sich einerseits, dass Männer, die körperlich aktiver sind, grundsätzlich ein geringeres Krebsrisiko haben, als Bewegungsmuffel. Andererseits kann Bewegung Faktoren des Immunsystems aktivieren und somit die Krebsentstehung verhindern.

Risikofaktor Gewichtszunahme

Ein messbarer Parameter für eine gesunde Ernährung und ausreichende Bewegung ist das Körpergewicht. Nicht nur, dass mit einem zunehmenden Gewicht das Risiko vor allem für Herz-Kreislauferkrankungen steigt, die zusätzlichen Kilos sind auch mit einem erhöhten Prostatakrebsrisiko verbunden, wie eine aktuelle Studienzusammenfassung zeigt. Dafür werteten die Wissenschaftler neun Untersuchungen aus, die zum Thema Körpergewicht und Prostatakrebs in medizinischen Fachzeitschriften veröffentlicht worden waren. Insgesamt wurden die Daten von fast 500.000 Männern ausgewertet, davon rund 22.000 Patienten mit einem Prostatakarzinom. Die Analyse zeigte, dass es einen deutlichen Zusammenhang zwischen einer Zunahme des Körpergewichts im Erwachsenenalter um mehr als 30 Kilo und einem erhöhten Krebsrisiko besteht. Dabei bestand diese Korrelation in allen der Auswertung zugrunde liegenden Studien.

Zudem zeigt eine ganz aktuelle Untersuchung mit insgesamt 150.000 Männern, dass auch der wachsende Bauchumfang als Maßstab für das Krebsrisiko gelten kann: Zehn Zentimeter zusätzlich steigern das Risiko, an Prostatakrebs zu erkranken, um 13 Prozent. Um das individuelle Krebsrisiko zu senken, sollte das Ziel also sein, das Körpergewicht auch mit zunehmendem Alter stabil zu halten.

Make love...

Ein Aspekt, der auf den ersten Blick nicht mit der Entstehung einer Krebserkrankung in Verbindung zu stehen scheint, ist die Sexualität. Tatsächlich gibt es aber einige Untersuchungen, die sagen: Männer mit einem gesunden Sexualleben erkranken deutlich seltener an Prostatakrebs. So zeigt u. a. eine Studie US-amerikanischer Wissenschaftler mit 32.000 Probanden, dass bei Männern, die 13 bis 21 Mal im Monat Sex hatten, das Risiko für ein Prostatakarzinom 20 Prozent niedriger war als bei denjenigen, die nur vier bis sieben Mal monatlich intim wurden. Bei den Probanden mit dem häufigsten Geschlechtsverkehr war das Risiko sogar um 33 Prozent verringert.

Interessant ist, dass nicht der Sex an sich das Krebsrisiko beeinflusst, sondern die Ejakulation auschlaggebend ist. Demnach könnte auch Selbstbefriedigung das Krebsrisiko senken. Dafür gibt es Medizinern zufolge zwei Erklärungsansätze: Einerseits könnten durch den Samenerguss krebserregende Stoffe aus dem Körper ausgeschieden werden – die Samenleiter würden sozusagen gereinigt –, andererseits könnten auch die bei dem Vorgang beteiligten Hormone eine Rolle spielen. Zudem könnten Orgasmen dazu führen, dass die Prostata elastischer werde. Alle diese Thesen sind aber noch nicht eindeutig belegt und müssen in weiteren Studien untersucht werden.


Autorin: Anne Göttenauer, 27.09.2016

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