Lokalisiertes Prostatakarzinom

Zur fokalen Therapie des PCa – Was wissen wir, wo stehen wir?

Bei der Behandlung des lokal begrenzten Prostatakarzinoms galt lange Zeit nur die radikale Therapie des gesamten Organs als zielführend. Erst mit der Einführung der aktiven Beobachtung fand ein Paradigmenwechsel für diese Gruppe der Niedrigrisikokarzinome statt. Im Zwiespalt zwischen möglicher Übertherapie auf der einen Seite und dem Gefühl der Unterbehandlung auf der anderen Seite suchen Betroffene nach Alternativen. Dazu gehören auch Methoden, die zielgerichtet nur den Tumor selbst behandeln. Eine Lösung könnte hier die Fokale Therapie (FT) darstellen.1 Das Ziel der FT ist es, den Tumor effektiv zu behandeln und gleichzeitig die Rate an Nebenwirkungen gering zu halten. Die Daten zur Effektivität einer FT werden derzeit noch kontrovers diskutiert.2


Was ist die fokale Therapie und für wen kommt sie in Frage?

Zur FT zählen der hochintensivierte fokussierte Ultraschall (HIFU), die Kryotherapie, die LDR-Brachytherapie*, die photodynamische Therapie, die irreversible Elektroporation (IRE), die laserinduzierte interstitielle Thermaltherapie und die Radiofrequenzablation.2 Das Behandlungsangebot richtet sich an Patienten mit einer Lebenserwartung von mehr als zehn Jahren, mit Tumoren der klinischen Stadien T1C–T2A, Gleason-Score 3 + 3 oder 3 + 4, sowie PSA-Werten von < 15 ng/ml. Somit sind hier Patienten mit niedrigem und intermediärem Progressionsrisiko einbezogen.2,3

Eine genaue Detektion von Tumorherden ist eine Grundvoraussetzung der fokalen Therapie. Unter den bildgebenden Verfahren gilt die multiparametrische Magnetresonanztomografie (mpMRT) mittlerweile als methodisch robust, wenngleich Limitationen bleiben.1,4 Zusätzlich zu einer mpMRT-Diagnostik erscheint eine konventionelle Stanzbiopsie (10–12 Gewebszylinder) zur Abschätzung der Tumorlast weiterhin unverzichtbar.2

Vor dem Hintergrund eines primär multifokalen Auftretens des Prostatakarzinoms ist aktuell noch unklar, ob gezielt unifokal oder multifokal abladiert werden soll oder doch die Hemiablation der Prostata erfolgen muss.1,5

*LDR(Low-Dose-Rate)-Brachytherapie nach dem fokalen Therapieprinzip. Die Platzierung der Seeds (umschlossene radioaktive Partikel) erfolgt gezielt auf das Tumorareal und nicht auf die gesamte Prostata.

Fokale Therapie - Welche aktuellen Daten liegen vor?

Nach einer Metaanalyse von 2017 wurden bei insgesamt 3.230 Patienten am häufigsten die HIFU-Therapie und die ultrafokale oder hemiablative Kryotherapie angewandt. Die funktionellen Resultate waren mit Inkontinenzraten von 3,7% und 2% sowie einem Erektionserhalt bei 88,6% und 81% der Patienten ermutigend.2,6 Vergleichbar positive funktionelle Ergebnisse zeigten auch die noch sehr begrenzt vorhandenen Daten nach fokaler Brachytherapie.7,8

Erste onkologische Resultate zur Kryotherapie präsentierten die Daten aus der amerikanischen COLD-Datenbank. Über 75,7 % der 1.160 Patienten, wiesen nach 36 Monaten ein biochemisch rezidivfreies Überleben auf.9 Interessante Ergebnisse erzielte auch die aktuelle Untersuchung von Shah et al.: Von 122 Patienten, die eine Kryotherapie erhalten hatten, wiesen 90,5 % nach drei Jahren ein Failure-free survival (ohne radikale Ganzdrüsentherapie und ohne Metastasen) auf.10

Auch die aktuellen onkologischen Daten zur HIFU-Behandlung waren durchaus positiv.11,12 In der Untersuchung von Guillaumier et al. zeigten 88 % von 625 Patienten, die eine HIFU erhalten hatte, nach 5 Jahren ein Failure free survival auf.9

Trotz dieser akzeptablen Daten wurden sowohl bei den Studien zur Kryotherapie als auch bei der HIFU-Therapie Infield-Rezidivraten zwischen 18 - 40 % nachgewiesen.10,13 Marconi et al. konnten zeigen, dass Infield-Rezidive nach fokaler Therapie aggressiver sind als Outfield-Rezidive. Findet sich also das Rezidiv in der behandelten Seite, empfahlen die Autoren, dass eine definitive Therapie wie eine Operation oder Bestrahlung durchgeführt werden sollte.14

Zusammenfassung

Ziel der FT ist die Eradikation des tumortragenden Prostataanteils, um eine effektive Tu-morkontrolle zu erreichen, aber gleichzeitig die Morbidität der radikalen Therapie zu redu-zieren. Eine fokale Therapie erscheint sicher für jüngere Männer mit einer Lebenserwartung von mehr als zehn Jahren attraktiv, die eine aktive Behandlung ihres Karzinoms ohne Einbußen der Kontinenz oder der erektilen Funktion bevorzugen. Mittlerweile liegen hierzu gute funktionelle Ergebnisse vor. Auch die kurz- bis mittelfristigen onkologischen Outcome-Daten sind durchaus positiv. Ob die FT die Forderungen nach funktioneller, aber auch onkologischer Effizienz langfristig erfüllen kann, bleibt abzuwarten. Prospektiv randomisierte Studien mit längerer Nachbeobachtungszeit sind zwingend erforderlich. Diese Forderungen spiegeln sich auch in den Empfehlungen der aktuellen Leitlinien wider. Hierin hat die FT als Behandlung des lokal begrenzten Prostatakarzinom noch einen hoch-experimentellen Charakter und soll nur im Rahmen prospektiver Studien angewendet werden.15