Strahlentherapie – Vorteile durch Dosiserhöhung

Eine höhere Dosis bei der Strahlentherapie des lokalen Prostatakarzinoms verbessert die Überlebenschance – allerdings nur bei Tumoren mit mittlerem und hohem Risiko.

Beim Prostatakrebs wird als Alternative zur Operation (radikaleProstatektomie, RPE) die Strahlentherapie (Radiotherapie) angewendet. So kann beim lokal begrenzten sowie lokal fortgeschrittenen Karzinom eine externe Therapie durchgeführt werden, bei der die Strahlen aus verschiedenen Richtungen auf den Tumor treffen. Prof. Dr. Thomas Wiegel, Ärztlicher Direktor am Universitätsklinikum Ulm und Sprecher der Organgruppe Prostata der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie (DEGRO) erklärt: „Die moderne Bestrahlungstechnik schont das umgebende Gewebe und vermeidet eine Inkontinenz. Bei der Strahlentherapie bleiben gesunde Abschnitte der Prostata erhalten.“

Der technische Fortschritt sowie die gute Verträglichkeit der Therapie ermöglichen es inzwischen, die Strahlendosis zur Bekämpfung des Krebses immer weiter zu erhöhen. Aufgrund des meist langsamen Wachstums der Prostatatumoren war bislang jedoch nicht geklärt, ob die Intensivierung der Dosis tatsächlich die Überlebenschancen der Patienten verbessert.

Neue Daten bringen Klarheit

Licht ins Dunkel bringt nun eine Auswertung von Daten aus der National Cancer Database, einem der weltweit größten Patientenregister. Anhand dessen war es Wissenschaftlern von der Universität von Pennsylvania in Philadelphia möglich, die Daten von rund 42.500 Patienten zu analysieren – mehr als in allen bisherigen Studien zum Thema zusammen. Die Betroffenen hatten zwischen 2004 und 2006 eine Radiotherapie erhalten, wobei sie bezüglich der Strahlendosis in zwei Gruppen eingeteilt wurden: in diejenigen Patienten, welche die Standarddosis (68,4-75,5 Gray) erhielten und diejenigen, mit einer höheren Dosis (75,6-90 Gray). In beiden Kohorten gab es Patienten mit Tumoren unterschiedlicher Aggressivität, das heißt mit niedrigem, mittlerem oder hohem Sterberisiko – abhängig von der Größe des Tumors, der Konzentration des prostataspezifischen Antigens (PSA) im Blut sowie histologischen (feingeweblichen) Merkmalen (siehe Klassifikation des Prostatakarzinoms).

Die Ergebnisse der Datenauswertung zeigten, dass die Dosiserhöhung vor allem Patienten mit aggressiven Tumoren nutzt beziehungsweise die Vorteile auf Tumoren mit mittlerem (PSA 10-20 ng/ml; Gleason-Score 7) oder hohem Risiko (PSA >20 ng/ml; Gleason-Score ≥8) beschränkt waren. Patienten mit niedrigem Risiko (PSA <10 ng/ml; Gleason-Score 6) profitierten dagegen nicht von einer höheren Dosis bei der Strahlentherapie.

So lebten in der Hochrisiko-Gruppe sieben Jahre nach der Behandlung noch mehr Männer, wenn sie eine Hochdosis-Therapie erhalten hatten (74 Prozent im Vergleich zu 69 Prozent bei der Standardtherapie). Auch bei mittlerem Risiko überlebten mehr Patienten mit stärkerer Strahlenbehandlung den Zeitraum von mindestens sieben Jahren (82 vs. 78 Prozent). In den beiden Gruppen mit niedrigem Risiko gab es keinen Unterschied (jeweils 86 Prozent).

Individuelle Therapie ermöglichen

„Die Verbesserung der Überlebenschance für die Patienten mit aggressiveren Tumoren durch eine Erhöhung der Strahlendosis sind überzeugend“, so DEGRO-Pressesprecher Prof. Dr. Frederik Wenz, Direktor am Universitätsklinikum Mannheim. Der fehlende Nutzen bei Tumoren mit niedrigem Risiko sei aber ein Zeichen dafür, dass bei diesen Patienten die Notwendigkeit einer aggressiven Therapie überdacht werden sollte. Das gelte speziell bei älteren Patienten, so Wenz. „Bei der Strahlentherapie können wir Dosis und Bestrahlungsvolumen individuell festlegen. Dies ist wichtig, um eine optimale Wirkung unter minimalen Nebenwirkungen zu erreichen.“

Und auch Justin Bekelman, Radioonkologe an der Universität in Pennsylvania betont: „Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Strahlendosis personalisiert an die spezifische Charakteristik des Prostatakarzinoms angepasst werden sollte. Einigen Patienten wird die individuelle Behandlung eine gleichbleibende Überlebenschance bei geringeren Nebenwirkungen ermöglichen. Für andere bedeutet die Dosiserhöhung die größte Überlebenswahrscheinlichkeit, während gesundes Gewebe geschützt wird.“

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