Frühe Chemotherapie verlängert das Überleben

Bei einem metastasierten Prostatakarzinom bringt der Einsatz von Docetaxel einen deutlichen Überlebensvorteil, wenn dieses Medikament frühzeitig zusätzlich zur Hormontherapie gegeben wird, so eine amerikanische Studie.

Auch wenn sich bei Prostatakrebs Metastasen gebildet haben, ist der Tumor in aller Regel noch Hormon-sensitiv, das heißt empfindlich gegenüber einer Hormontherapie. Nach der derzeit gültigen deutschen Leitlinie besteht die Standardbehandlung dann in einem meist medikamentösen Entzug der männlichen Geschlechtshormone (Androgene), in der so genannten Androgendeprivationstherapie (ADT). Eine Chemotherapie mit Arzneimitteln wie Docetaxel wird hingegen normalerweise erst eingesetzt, wenn der Tumor nicht mehr auf die Hormontherapie anspricht, also beim kastrationsresistenten Prostatakarzinom (CRPC; Näheres s. Hormontherapie beim metastasierten Prostatakarzinom).

Auf dem letzten Jahreskongress der US-amerikanischen Gesellschaft für klinische Onkologie (ASCO) in Chicago wurden die vorläufigen Ergebnisse einer Studie zu diesem Thema vorgestellt (sog. CHAARTED-Studie). Darin wurde untersucht, ob Patienten mit einem metastasierten und noch hormon-empfindlichen Prostatakarzinom länger leben, wenn sie zusätzlich zur Hormontherapie Docetaxel erhalten (Sweeney et al., 1):

Anlage der Studie

Von 2006 bis 2012 wurden insgesamt 790 Männer mit einem metastasierten Prostatakarzinom in die Studie eingeschlossen. Eine mögliche Vorbehandlung war erlaubt, einschließlich einer Hormontherapie in Form eines Androgenentzugs (ADT) von höchstens 2 Jahren, nicht jedoch eine vorherige Chemotherapie mit Docetaxel. Zugelassen waren anfangs nur Männer mit ausgedehnten Metastasen (hohe Tumorlast: Metastasen außerhalb des Skeletts und/oder mindestens 4 Metastasen im Knochen, davon mindestens 1 außerhalb von Becken und Wirbelsäule). Später wurden auch Männern mit niedriger Tumorlast aufgenommen (keine Metastasen außerhalb des Skeletts, weniger als 4 im Knochen oder ab 4 im Knochen, aber nur im Becken und in der Wirbelsäule).

Die Männer wurden zufällig einer Behandlungsgruppe zugeteilt: Sie erhielten entweder nur eine ADT oder eine ADT und zusätzlich eine Chemotherapie mit bis zu 6 Zyklen Docetaxel alle 3 Wochen. Alle wurden regelmäßig untersucht und bei einem Fortschreiten der Erkrankung mit üblichen Methoden weiter behandelt (ggf. auch mit einer Chemotherapie mit Docetaxel).

Ergebnisse der Studie

Während der Nachbeobachtungszeit von im Schnitt 29 Monaten waren in der Gruppe mit alleinigem Androgenentzug (ADT) 136 von 393 Männern verstorben, in der Gruppe mit zusätzlicher Chemotherapie jedoch nur 101 von 397 (davon jeweils mehr als vier Fünftel an Prostatakrebs). Daraus ließ sich eine mittlere Überlebenszeit von 44 Monaten beziehungsweise 57,6 Monaten berechnen, also ein deutlicher Vorteil für die Docetaxel-Gruppe von mehr als einem Jahr. Dieser Vorteil fiel mit 17 Monaten noch größer aus, wenn man nur diejenigen mit hoher Tumorlast betrachtete (im Schnitt 32,2 gegenüber 49,2 Monate bei zusätzlicher Chemotherapie). Inwiefern auch Männer mit niedriger Tumorlast profitieren, konnte noch nicht bestimmt werden, weil deren Nachbeobachtung noch zu kurz war.

Weitere deutliche Vorteile der zusätzlichen Behandlung mit Docetaxel waren ein höherer Anteil von Patienten mit niedrigem PSA-Wert nach 1 Jahr, eine Verlängerung der Zeit, bis der Tumor kastrationsresistent wurde (s. CRPC), und eine Verlängerung der Zeit bis zum klinisch erkennbaren Fortschreiten der Erkrankung. Nachteil waren schwere Nebenwirkungen von Docetaxel bei mehr als jedem vierten Patienten.

Fazit der Autoren

Die Kombination aus einer Standard-ADT und 6 Zyklen Docetaxel verlängert das Überleben von Männern mit Hormon-empfindlichem Prostatakrebs deutlich im Vergleich zur einer alleinigen ADT. Die zusätzliche Behandlung mit Docetaxel ist eine Option für Männer mit metastasiertem Prostatakrebs, die eine ADT beginnen und bei denen Docetaxel grundsätzlich angewendet werden kann. Der Vorteil bei hoher Tumorlast ist klar und rechtfertigt die möglichen Nebenwirkungen. Bei Patienten mit niedriger Tumorlast ist noch eine längere Nachbeobachtung nötig.

Stellungnahme deutscher Urologen

Der Arbeitskreis Onkologie (AKO) der Deutschen Gesellschaft für Urologie e.V. (DGU) und die Arbeitsgemeinschaft Urologische Onkologie (AUO) der Deutschen Krebsgesellschaft e.V. (DKG) haben die Ergebnisse dieser Studie sowie die einer 2013 erschienenen, ähnlichen Studie bewertet und eine gemeinsame Stellungnahme dazu abgegeben (Miller et al.). Darin geben sie die (vorläufige) Empfehlung, dass Patienten mit einem Hormon-sensitiven, metastasierten Prostatakarzinom mit hoher Tumorlast eine kombinierte Chemo- und Hormontherapie angeboten werden kann. Sie weisen außerdem darauf hin, dass Docetaxel für solche Patienten nicht zugelassen ist. Der Einsatz stelle deshalb prinzipiell einen so genannten Off-label-use dar, so dass vorher bei der zuständigen Krankenkasse eine Kostenübernahme einzuholen sei. Eine erneute Bewertung erfolge nach der Veröffentlichung der endgültigen Ergebnisse dieser Studie.

Vergleichbarkeit der beiden Studien

Zum Vergleich der beiden Studien, der hier vorgestellten CHAARTED und der im vorherigen Abschnitt erwähnten GETUG-AFU 15, s. hier im Magazin unter Nutzen der frühen Chemotherapie.

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