Lebensstil kann Krankheitsverlauf beeinflussen

Der individuelle Lebensstil – vor allem bestehend aus Ernährung und körperlicher Aktivität – kann möglicherweise nicht nur einen Einfluss auf die Entstehung einer Krebserkrankung haben, sondern auch darauf, wie eine bestehende Krankheit verläuft. Dazu gibt es zahlreiche Untersuchungen.

Einer aktuellen Studie zufolge hängt die Chance, eine Prostatakrebserkrankung zu überleben, nicht nur vom Tumorstadium ab, sondern auch vom Lebensstil. Um diesen Zusammenhang zu verdeutlichen, entwickelten die Wissenschaftler anhand der Daten von rund 42.700 Männern (Health Professional Follow-up Studie, HPFS) ein Modell, das verschiedene Lebensstilfaktoren und ihren Einfluss auf den Krankheitsverlauf berücksichtigt. Dieser sogenannte Lifestyle-Score wurde wiederum bei etwa 20.300 anderen Probanden (Physicians’ Health Study, PHS) getestet. Für den Score gab es jeweils einen Punkt für folgende Faktoren: nicht rauchen bzw. das Rauchen vor mindestens zehn Jahren aufgegeben haben, Body Mass Index (BMI) unter 30 kg/m2, regelmäßige starke körperliche Aktivität, hoher Konsum von Tomaten und Fisch und seltener Verzehr von verarbeitetem Fleisch wie Wurstprodukten. Ausgewertet wurden zwei Scores: Einer, der sich nur auf die Ernährung bezog (0-3 Punkte) sowie einer, der alle Faktoren einschloss (0-6 Punkte).

Weitere Untersuchungen nötig

Insgesamt starben 913 Männer – 576 in der HPFS- und 337 in der PHS-Gruppe. Im Vergleich zu den Männern mit 0-1 Punkt hatten diejenigen mit 5-6 Punkten im Lifestyle-Score ein um 68 Prozent (HPFS) bzw. 38 Prozent (PHS) niedrigeres Risiko, an Prostatakrebs zu versterben. Bei alleiniger Berücksichtigung der Ernährungsfaktoren hatten Männer mit 3 Punkten gegenüber denen mit 0 Punkten ein um 46 bzw. 30 Prozent verringertes Sterberisiko. Da die Ergebnisse statistisch nicht eindeutig waren, gehen die Studienautoren zwar davon aus, dass ein gesunder Lebensstil das Risiko, an Prostatakrebs zu versterben, senken kann – mit den entscheidenden Faktoren Nicht-Rauchen, gesundes Körpergewicht, körperliche Aktivität und gesunde Ernährung. Dennoch sind zu diesen Themen viele weitere Studien notwendig, um genauere Zusammenhänge zu klären.

Vitamine und Spurenelemente

In diesem Sinne befasst sich eine ebenfalls aktuelle Untersuchung mit einer möglichen Korrelation zwischen einem geringen Vitamin D-Spiegel und einem aggressiven Krankheitsverlauf der Prostatakrebserkrankung. So zeigte sich anhand der Daten von rund 200 Männern, die sich einer radikalen Prostatektomie (RPE) unterzogen hatten, dass diejenigen mit einem niedrigen Vitamin D-Spiegel eine größere Wahrscheinlichkeit hatten, einen schnell wachsenden Tumor zu entwickeln. Insgesamt wurde bei 87 Männern ein aggressives Karzinom diagnostiziert. Diese Patienten hatten einen mittleren Vitamin D-Wert von 22,7 ng/ml und lagen damit deutlich unter dem als normal angesehenen Grenzwert von 30 ng/ml. Bei den Patienten mit nicht-aggressivem Tumor lag der mittlere Wert des Vitamin D bei 27 ng/ml. Die Studienergebnisse legen nahe, bei Männern mit erhöhtem PSA-Wert oder bereits diagnostiziertem Prostatakrebs die Bestimmung des Vitamin D-Spiegels bzw. die Vitamin D-Zufuhr zum Ausgleich eines möglichen Mangels in Betracht zu ziehen.

Das Gleiche gilt für Spurenelemente. Der Vergleich von gesundem und krankem Prostatagewebe bzgl. ihres Gehalts an Zink, Selen, Eisen, Kupfer und Kalzium ergab, dass im Krebsgewebe deutlich weniger Zink und Selen vorkam. Fraglich ist, ob dieser relevant für den Krankheitsverlauf ist. Fest steht, dass beide Spurenelemente Co-Faktoren von Enzymen und Regulationsfaktoren sind, wie etwa von Tumor-Suppressor-Faktoren, die das Wachstum von Tumorzellen unterdrücken. Fehlt es an Selen und Zink, könnte dies Auswirkungen auf die Tumorabwehr durch das Immunsystem haben.

Mehr Tomaten und Nüsse?

Abgesehen von der Möglichkeit, potenziell gesunde Wirkstoffe gezielt über Nahrungsergänzungsmittel zu sich nehmen, sollten sich Krebspatienten vor allem darüber informieren, welche Nahrungsmittel an sich von Vorteil sein können oder eben nicht. Während etwa von zu viel Fleisch und Milchprodukten eher abgeraten wird, werden interessanterweise vor allem Tomaten bzw. Produkte daraus, wie Soßen oder Ketchup als vorteilhaft beschrieben. Das hängt damit zusammen, dass der Inhaltsstoff Lykopin wohl in der Lage ist, entzündungsfördernde Stoffe im Körper abzufangen und somit die Erkrankung positiv zu beeinflussen.

Ganz neu ist eine Studie (mit 47.299 Probanden), die zeigt, dass Prostatakrebspatienten, die pro Woche mindestens fünf Portionen Nüsse mit je ca. 30 Gramm zu sich nahmen, einen deutlich erhöhte Überlebenswahrscheinlichkeit hatten. Demnach lag diese bei den 6.810 Männern, die über den Beobachtungszeitraum von 26 Jahren ein Karzinom entwickelten, um 34 Prozent niedriger als bei Nicht-Nuss-Essern. Dabei spielte die Nussart keine Rolle, die Vorteile – möglicherweise bedingt durch viel Eiweiß, gesunde ungesättigte Fette und Ballaststoffe – galten für Wal- und Pekannüsse, Mandeln, Pistazien und auch für Erdnüsse. 

Sport und Gewicht

Ein weiterer Vorteil der gesunden Ernährung ist auch der positive Effekt auf das Körpergewicht. Denn: Nicht nur, dass zunehmendes Körpergewicht im Erwachsenenalter mit einem erhöhten Risiko, an Prostatakrebs zu erkranken, assoziiert wird – auch der negative Einfluss der Extrakilos auf den Krankheitsverlauf wurde in Studien mit insgesamt fast 500.000 Probanden nachgewiesen. Demnach steigt die Gefahr für einen ungünstigem Krankheitsverlauf schon bei einer Gewichtszunahme von mehr als 15 Kilo. Zudem besteht eine „dosisabhängige“ Steigerung des Risikos für Hoch-Risiko- oder tödlich endenden Prostatakrebs pro fünf Kilo Gewichtszunahme.

Um das Körpergewicht im Griff zu behalten, ist unbedingt auch körperliche Aktivität ratsam. Denn: Sport hat auch einen wichtigen Einfluss auf das Sterberisiko – wie eine aktuelle Studie bestätigt. Von 830 Prostatakrebspatienten starben im Untersuchungszeitraum zwischen 1997 und 2014 170 Männer aufgrund der Krebserkrankung. Der Vergleich der Probanden bzgl. ihres Lebensstils, insbesondere der Sportlichkeit, zeigte sich, dass die inaktivsten Männer gegenüber den sportlichsten ein zweifach erhöhtes Sterberisiko aufwiesen. Von den aktivsten Männern war zum Studienende nur ein Drittel verstorben, von den inaktiven dagegen drei Viertel. Am deutlichsten war der positive Einfluss bei Denjenigen, die bereits vor der Krebsdiagnose sportlich aktiv waren.


Autorin: Anne Göttenauer, 27.09.2016

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