Prostatakarzinom - seelische Bewältigung

Die Diagnose Krebs löst zunächst einmal bei vielen Betroffenen Gefühle wie Angst, Panik, Trauer oder Hoffnungslosigkeit aus. Diese Reaktion ist zwar verständlich, hat ihre Ursache aber häufig in Annahmen über Krebs, die in der heutigen Zeit für das Prostatacarcinom nicht mehr zutreffen.

Solche Gedanken sind z.B.: "Krebs ist ein Todesurteil"; "Krebstherapie ist mit vielen Nebenwirkungen belastet, mir wird es nur noch elend sein!" oder " Ich werde an qualvollen Schmerzen leiden". Vielleicht kennen Sie Menschen aus der Generation Ihrer Eltern, die ein solches Schicksal erleiden mussten. Inzwischen hat sich die Situation durch den medizinischen Fortschritt jedoch entscheidend geändert. Richtig ist heute folgendes:

  • Krebs ist nicht gleich Krebs! Durch die Früherkennung wird bei vielen Betroffenen die Krankheit in einem so frühen Stadium erkannt, daß eine wirkliche Heilung möglich ist. Gerade das Prostatacarcinom kann bei einer Vorsorgeuntersuchung schon im Frühstadium erkannt werden (im Gegensatz z.B. zum Lungen- oder Bauchspeichel-drüsenkrebs), was gute Heilungschancen bedeutet.
  • Patienten, die wegen einer Krebserkrankung behandelt werden, berichten in Befragungen inzwischen über eine gute Lebensqualität. Dies liegt daran, daß inzwischen in der Chemotherapie und der Bestrahlung Verfahren entwickelt wurden, die den Tumor gezielter angreifen als früher und deshalb den Organismus nicht mehr so belasten. In einigen Studien gaben Tumorpatienten sogar eine bessere Lebensqualität an, als Gesunde. Dieses zunächst paradox anmutende Ergebnis wurde von den Betroffenen dadurch erklärt, daß sie nun sehr viel bewußter lebten, schöne Dingen mehr Aufmerksamkeit schenkten und sich über Kleinigkeiten nicht mehr so ärgerten.
  • Auch wenn der Tumor nicht mehr vollständig aus dem Körper entfernt werden kann, bedeutet dies gerade beim Prostatacarcinom nicht mehr, daß man daran sterben muß. Es gibt heute genügend Behandlungsverfahren, die bei vielen Patienten das Wachstum des Tumors über viele Jahre hinweg stoppen oder eindämmen können.
  • Tumorschmerz läßt sich behandeln! Einer der größten Fortschritte in der Medizin ist die moderne Schmerztherapie. Heute kann man Opiate als langwirkende Tabletten so einsetzen, daß Aufmerksamkeit und Lebensqualität nicht beeinträchtigt sind. Früher konnte Morphin nur gespritzt werden und führte so schnell zu Abhängigkeit und Bewußtseinstrübung Dies ist bei den modernen Tabletten nicht mehr der Fall. Deshalb können heute z.B. Patienten mit langsam wachsenden Knochenmetastasen über Jahre nicht nur schmerzfrei gehalten werden, sondern sogar berufstätig bleiben und in vielen Fällen sogar ihren Führerschein behalten. Wenn Tabletten nicht ausreichen, stehen Schmerzpumpen und -pflaster als weitere nebenwirkungsarme Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Allerdings hat nicht jeder Arzt eine spezielle Ausbildung in Schmerztherapie. Wenn Sie unter Tumorschmerzen leiden, fragen Sie nach einer Vorstellung in einer speziellen Schmerzambulanz.

Der erste Schock nach der Mitteilung der Diagnose sollte Sie also nicht zu einer Kurzschlußhandlung veranlassen. Häufig ist man zunächst so schockiert, daß man viele wichtige Informationen gar nicht mehr mitbekommt. Bitten Sie deshalb Ihren Arzt um ein zweites Informationsgespräch (wenn er dies nicht schon von sich aus angeboten hat!). Wenn Sie möchten, nehmen Sie einen Menschen, der Ihnen nahe steht und zu dem Sie Vertrauen haben zu diesem Gespräch mit. Überlegen Sie sich vorher schon, welche Fragen Sie stellen möchten. Oft hilft ein Merkzettel, auf dem man sich auch im Gespräch Notizen machen kann. Fragen Sie danach, in welchem Stadium sich der Tumor bei Ihnen befindet und welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt. Nach diesen Informationen sieht es häufig schon ganz anders aus, als nach dem ersten Schock. Sie können heute davon ausgehen, daß der Arzt Sie offen aufklärt, wenn Sie ihm klar zu verstehen geben, daß Sie dies möchten. Es ist also nicht mehr angebracht, zu denken: "Der redet alles nur schön, in Wirklichkeit ist alles viel schlimmer". Wenn Sie sich Sorgen darüber machen, welche Auswirkung die Behandlung auf Ihre Sexualität haben wird, sollten Sie Ihren Arzt auch danach genau fragen. Die Situation ist von Fall zu Fall sehr unterschiedlich. Die Befürchtung, daß nach einer Operation "nichts mehr läuft" ist in dieser allgemeinen Form unbegründet. 

Viele Betroffene verschweigen die Diagnose zunächst vor Ihren Angehörigen (z.B. Ehefrau oder Kinder), um diese nicht "unnötig zu belasten". Ich halte dies nicht für günstig. In der Regel spüren Ihre Angehörigen, daß etwas nicht stimmt und beginnen, sich Sorgen zu machen. Sie sind daher durch Ihr Schweigen möglicherweise mehr belastet, als durch ein offenes Gespräch. Außerdem nehmen Sie sich selbst die wertvollste Unterstützung, wenn Sie mit den Ihnen nahe stehenden Menschen nicht offen sprechen. 

Weitere Hilfe finden Sie z.B. bei den Selbsthilfegruppen, die Sie u.a. auf diesen Seiten aufgelistet finden können. Ihr Arzt oder das Gesundheitsamt wird Ihnen Adressen in Ihrer Nähe nennen können. Das Gespräch mit anderen Betroffenen zeigt, daß es möglich ist, mit der Krankheit gut zu leben. Betroffene können einem häufig bessere Tips für den Umgang mit schwierigen Situationen im Alltag geben, als Ärzte. Eine weitere Beratungsmöglichkeit bietet die Deutsche Krebshilfe (http://www.krebshilfe.de) Hier gibt es auch Informationen zu sozialen Fragen, wie Rente, Kur oder Schwerbehindertenausweis. 

Wenn Sie merken, daß Sie sich mit der Verarbeitung der Erkrankung schwer tun und gerne mehr Unterstützung hätten, so können Sie sich auch an einen Psychotherapeuten wenden. Die Behandlung sowohl bei Ärzten als auch bei Psychologen wird inzwischen von der Krankenkasse vollständig bezahlt, wenn diese eine wissenschaftlich fundierte Ausbildung absolviert haben. Sie sollten den Therapeuten vorher fragen, ob er Erfahrung in der Arbeit mit Krebspatienten hat. Vorsicht ist geboten bei Therapeuten, die behaupten, der Krebs habe seelische Ursachen oder könne mit Psychotherapie geheilt werden. Beides ist nicht der Fall. Schon einige wenige therapeutische Gespräche können aber eine wertvolle Hilfe bei der Verarbeitung der Erkrankung sein. Wenn es nach der Therapie Probleme im Bereich Sexualität und Partnerschaft gibt, ist auch eine Paartherapie möglich.

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