Fehlerhafte Studie - PSA-Test zu Unrecht in Verruf

Über den Nutzen des PSA-Tests zur Früherkennung von Prostatakrebs wird seit Langem gestritten. Dabei beriefen sich Kritiker bislang auf eine große Studie, die dem Test seinen Nutzen absprach. Doch gerade in dieser Studie kam es wohl zu relevanten Fehlern, was zu einer Neubewertung des PSA-Tests führen könnte.

Wer gegen den PSA-Test argumentiert, beruft sich meistens auf die 2009 veröffentlichte US-amerikanische Studie „Prostate, Lung, Colorectal and Ovarian Cancer Screening Trial“ (PLCO). Diese hatte bei über 75.000 Männern mit Prostatakrebs keinen Unterschied zwischen den beiden Studienarmen – PSA-Test-Gruppe und Kontrollgruppe ohne PSA-Test – in Bezug auf Prostatakrebs-bedingte Todesfälle ergeben. Doch zwei US-Wissenschaftlern zufolge unterliegt die Studie einem schweren methodischen Fehler, der das Ergebnis erheblich verfälscht.

Demnach wurde nicht nur in der Screening-Gruppe ein PSA-Test durchgeführt, auch die in den Kontrollarm eingeteilten Männer hatten sich größtenteils (ca. 90 Prozent) einem Test unterzogen, obwohl ihnen davon abgeraten worden war. Kein Wunder also, dass die beiden Studiengruppen keinen Unterschied aufwiesen. Für ein aussagekräftiges Ergebnis hätte man genauer differenzieren müssen zwischen denjenigen Männern, die einen PSA-Test durchführten, und denen, die dies unterließen.

Gravierende Konsequenzen

Die offenbar falsche Studienauswertung hatte weitreichende Auswirkungen. So hat die Untersuchung insbesondere in den USA zu einem Umdenken und sogar zu einer Überarbeitung von Leitlinien geführt. Für viele Mediziner ein Skandal. „Es ist unverständlich, wie so ein banaler Fehler bei einer so weitreichenden Studie passieren konnte und warum es so lange brauchte, bis dies erkannt wurde!“, so Prof. Dr. Markus Graefen und Prof. Dr. Hartwig Huland, leitende Ärzte der auf Prostatakrebs spezialisierten Martini-Klinik am Universitätskrankenhaus Hamburg-Eppendorf (UKE). Manche Wissenschaftler gehen sogar so weit zu vermuten, dass aufgrund der fehlerhaften Bewertung des PSA-Tests in den letzten Jahren rund 30 Prozent weniger Prostatatumore entdeckt wurden – mit gravierenden gesundheitlichen Folgen für die betroffenen Männer.

Umdenken gefordert

Doch nun sei es an der Zeit, das in Verruf geratene Screening neu zu bewerten, fordern auch hierzulande zahlreiche Experten, wie Graefen und Huland. Nicht nur sie, auch die Deutsche Gesellschaft für Urologie (DGU) empfiehlt seit Jahren den PSA-Test bei Männern, die nach Aufklärung eine Früherkennung wünschen. Und das, obwohl die Krankenkassen für Männer ab 45 Jahren im Rahmen der Früherkennung lediglich die rektale Tastuntersuchung und nicht den PSA-Test bezahlt. Die DGU- und somit auch die Empfehlung der S3-Leitlinien zur Früherkennung, Diagnose und Therapie der verschiedenen Stadien des Prostatakarzinoms, den PSA-Test bei Männern ab 45 Jahren zusammen mit einer Tastuntersuchung einzusetzen, wird u. a. gestützt von einer großen europäischen ERSPC-Studie (European Randomised Study of Screening for Prostate Cancer) mit über 180.000 Probanden. Diese hatte im Langzeitverlauf eine Halbierung der Prostatakrebs-bedingten Todesfälle bei den Männern ergeben, die einen PSA-Test und bei auffälligen Werten eine weitere Diagnostik durchführen ließen. Dieses Ergebnis müsse bei der Neubewertung des PSA-Wertes – sowohl deutscher als auch internationaler Behörden – berücksichtigt werden, so die Experten der Martini-Klinik.

Früherkennung verbessern

Und auch der Bundesverband Prostatakrebs Selbsthilfe e. V. (BPS) plädiert in seiner aktuellen Stellungnahme zu den Fehlern der PLCO-Studie eindringlich dafür, sich auf folgende Tatsachen zu verständigen:

  • Die von den Krankenkassen finanzierte digitale, rektale Untersuchung alleine kann einen Prostatakrebs im Frühstadium nicht erkennen.

  • Der vom Patienten selbst zu zahlende PSA-Test ist – wenn Nutzen und Risiken vom Arzt ausführlich erklärt wurden – noch immer die beste Methode, um die Notwendigkeit einer leitliniengerechten Biopsie rechtzeitig zu erkennen. Mit dieser kann der Verdacht auf Prostatakrebs dann zunächst ausgeschlossen oder bestätigt werden. Aus diesem Grund ruft der BPS alle Verantwortlichen auf, jetzt eine Verständigung über den richtigen Weg zu einer besseren Prostatakrebs-Früherkennung zu erzielen.



 

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