Prostatakarzinom – überarbeitete S3-Leitlinie zu Diagnose und Therapie

Seit April 2018 ist die aktualisierte Leitlinie zur „Früherkennung, Diagnose und Therapie der verschiedenen Stadien des Prostatakarzinoms“ veröffentlicht.

Bei einer S3-Leitlinie handelt es sich um eine medizinische Richtlinie mit dem höchsten sogenannten Evidenzgrad. Das heißt, sie wurde anhand neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse – basierend auf relevanten und zuverlässigen Studien – erstellt. Zudem wird eine solche Leitlinie regelmäßig überprüft und gegebenenfalls ergänzt.

Die überarbeitete Version der Prostatakrebs-Leitlinie, die unter der Federführung der Deutschen Gesellschaft für Urologie e. V. (DGU) entstand, beinhaltet unter anderem Neuerungen in der primären Diagnostik und der von wiederkehrenden Erkrankungen (Rezidiven). Dazu kommen aktuelle Erkenntnisse in der Strahlentherapie und der medikamentösen Behandlung des Prostatakarzinoms.

Rolle der MRT in der Primärdiagnostik

Die nach geltenden Qualitätsstandards durchgeführte MRT kann nach neuester Leitlinie in der Primärdiagnostik eingesetzt werden, allerdings nicht als Teil der Routinediagnostik.

Das Standardverfahren zur Primärdiagnose eines Prostatakarzinoms ist die systematische Biopsie, bei der 10-12 Stanzen aus der Prostata entnommen und auf vorhandene Krebszellen untersucht werden. Die überarbeitete Leitlinie weist auf die Studienergebnisse zu MRT-gestützter vs. systematischer Biopsie vs. einer Kombination beider Verfahren bei zuvor noch nicht biopsierten Männern hin: mit der MRT-gestützten Biopsie werden etwas häufiger (im Bereich von 10%) signifikante Karzinome entdeckt als mit der systematische Biopsie allein.

Deshalb wird in der neuen Leitlinie darauf hingewiesen, dass die Kombination aus MRT-gestützter, gezielter plus systematischer Biopsie bessere Detektionsraten erreicht als die jeweiligen Methoden allein. Mit beiden Verfahren werden bei alleiniger Anwendung allerdings signifikante Karzinome in der Größenordnung von etwa 20 % nicht detektiert.

In jedem Fall gelten für die MRT festgelegte Qualitätsstandards, die eingehalten werden müssen, um aussagekräftige Befunde zu liefern.

PSMA-PET

Mit der Positronenemissionstomographie (PET) können gezielt Prostatakrebszellen nach einem Rückfall aufgespürt werden. Dabei wird ein radioaktiver Marker verwendet, der sich an die Krebszellen setzt – das prostataspezifische Membranantigen PSMA. Da die Rolle dieser sogenannten PET-Hybrid-Bildgebung bei der Tumorbeurteilung noch unklar ist, sollte sie innerhalb kontrollierter klinischer Studien erfolgen. Nach einer vorangegangenen kurativen (auf Heilung abzielenden) Therapie kann eine PSMA-PET bei der Diagnostik eines Rezidivs auch zur Einschätzung der Tumorausdehnung erfolgen, falls sich aus dem Befund eine therapeutische Konsequenz ergibt. Das heißt, wenn diese Diagnose dabei hilft, das weitere Vorgehen bzgl. einer möglichen Behandlung festzulegen.

Radiotherapie

Bezüglich der Strahlentherapie werden derzeit zunehmend sogenannte hypofraktionierte Behandlungskonzepte diskutiert. Dabei wird die erforderliche Strahlendosis in kürzerer Zeit als bei der herkömmlichen Bestrahlung verabreicht. Es gilt jedoch zu beachten, dass der Stellenwert der moderat hypofraktionierten Strahlentherapie trotz zahlreicher angeschlossener Phase-III-Studien nicht abschließend geklärt ist. Der Leitlinie zufolge liegen insgesamt noch keine ausreichend langen Nachbeobachtungen vor. Dennoch kann die moderate hypofraktionierte Radiotherapie unter bestimmten Bedingungen erwogen werden. So sollte der Patient über das erhöhte Risiko urogenitaler Spätfolgen, wie Inkontinenz, informiert werden.

Alle weiteren Varianten der hypofraktionierten Radiotherapie, wie postoperativ oder in extremer Form, sollen nur innerhalb kontrollierter klinischer Studien durchgeführt werden. Beim lokal fortgeschrittenen Karzinom soll sie nicht zum Einsatz kommen.

Hormon-Chemotherapie

Auch in die neue Leitlinie aufgenommen wurde die Empfehlung, bei Patienten mit einem metastasierten hormonsensitiven Prostatakarzinom, die einen guten Allgemeinzustand haben, zusätzlich zur Androgendeprivationstherapie (ADT) entweder eine Chemotherapie mit Docetaxel oder eine ergänzende antihormonelle Therapie mit Abirateron (plus Prednison/Prednisolon) durchzuführen.

Da derzeit nicht beurteilt werden kann, welche Patientengruppe von welcher Kombinationstherapie am meisten profitiert, sollte die Therapieentscheidung vom Patientenwunsch, den Nebenwirkungen und Begleiterkrankungen abhängig gemacht werden.

Bei der Aufklärung des Patienten über die Vor- und Nachteile einer alleinigen ADT oder einer Kombinationsbehandlung sollen folgende Punkte angesprochen werden:

  • der palliative Charakter der Therapie;

  • der Einfluss auf die Lebensqualität

  • die unerwünschten Wirkungen

Die aktuelle S3-Leitlinie zum Prostatakarzinom kann abgerufen werden unter www.leitlinienprogramm-onkologie.de.

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