Sequenztherapie des kastrationsresistenten Prostatakarzinoms

Schreitet eine Prostatakrebserkrankung trotz einer medikamentösen Kastration mittels Hormontherapie voran, kommen verschiedene Behandlungsoptionen infrage.

Trotz zunächst erfolgreicher Behandlung eines Prostatakarzinoms mit einer Therapie, welche die männlichen Geschlechtshormone (Androgene) auf das sogenannte Kastrationsniveau senkt, kann der Tumor im Laufe der Zeit eine Resistenz gegen die Androgendeprivationstherapie (ADT) entwickeln und die Erkrankung weiter voranschreiten. Ein solches kastrationsresistentes Karzinom (CRPC) erkennt man an einem Anstieg des PSA-Wertes bei bestehendem niedrigen Testosteronspiegel (Kastrationsniveau), an neuen Beschwerden des Patienten oder an neuen Tochtergeschwülsten (Metastasen). Zur Behandlung kommen bewährte sowie neue Therapieoptionen in Betracht. Da diese je nach Krankheitsstadium und Erfolg meist nacheinander eingesetzt werden können, spricht man auch von Sequenztherapie.

Abwartendes Vorgehen unter Beibehaltung der ADT

So empfiehlt die aktuelle Leitlinie zur Früherkennung, Diagnose und Therapie der verschiedenen Stadien des Prostatakarzinoms den Patienten, die ein kastrationsresistentes Prostatakarzinom haben, das nur geringe Symptome verursacht, ein abwartendes Vorgehen (Watchful Waiting) unter Beibehaltung der ADT, sofern Metastasen durch bildgebende Verfahren nicht nachgewiesen werden können.

Sofern Metastasen nachweisbar sind und der Patient sich gegen ein abwartendes Vorgehen entschieden hat, so können ihm nach aktueller Leitlinie und unter Aufklärung über Nutzen und Nebenwirkungen einer Umstellung folgende Therapiemöglichkeiten angeboten werden (in alphabetischer Reihenfolge):

  • Abirateron (in Kombination mit Prednison/Prednisolon)
  • Docetaxel
  • Enzalutamid

Nach der deutschen Leitlinie sollten Abirateron oder Enzalutamid als Erstlinientherapie angeboten werden. Für Docetaxel gibt es hierzu eine „kann“ Empfehlung.

Abirateron oder Enzalutamid können zudem auch wieder zur Zweitlinientherapie nach einer Chemotherapie mit Docetaxel eingesetzt werden, sofern sie einen guten Allgemeinzustand aufweisen. Momentan gibt es keine eindeutige Empfehlung, welche Reihenfolge der Medikamente die bessere ist. Dies müssen weitere Studien zeigen.

Dazu kommt, dass sich die Therapieentscheidung immer auch an der Dynamik der Erkrankung, der Präferenz des Patienten, an seiner Lebenserwartung, seinen Symptomen sowie an seinem allgemeinen Gesundheitszustand orientieren sollte.

Androgendeprivationstherapie (ADT) beibehalten oder nicht?

Auch wenn das Fortschreiten der Krebserkrankung darauf hinzudeuten scheint, dass eine ADT nicht länger wirksam und somit überflüssig ist, so liegen unterschiedliche Ergebnisse dazu vor, ob die ADT auch während der weiteren Sequenztherapie des CRPC weitergegeben werden sollte – sowohl in Kombination mit einer Chemotherapie als auch mit Abirateron bzw. Enzalutamid. In den meisten Studien wurde sie fortgeführt, Grundlage dafür ist die Erkenntnis, dass die zusätzliche ADT dazu beitragen kann, die Unterdrückung der Androgene aufrechtzuerhalten. In der aktuellen Leitlinie wird das Risiko eines Fortschreitens der Erkrankung unter Absetzen der ADT als so hoch eingeschätzt, dass ein Absetzen nicht empfohlen wird.

Möglicher Biomarker

Interessant für den künftigen Einsatz von bestimmten Therapien könnte auch die genetische Veranlagung der Patienten sein. Im Fokus der Forschung zum CRPC steht deshalb der Androgenrezeptor (AR). Dessen Reaktivierung wird u. a. für mögliche Resistenzen, auch gegen Abirateron und Enzalutamid verantwortlich gemacht.

So fehlt der sogenannten AR-V7 Splice-Variante V7 (AR-V7) des Rezeptors genau derjenige Teil, der das Ziel der Wirkstoffe ist. Entsprechend sprechen Patienten, bei denen AR-V7 in zirkulierenden Tumorzellen nachgewiesen werden kann, schlechter auf die jeweilige Therapie an als Patienten ohne die Rezeptor-Variante. Auch hatten die AR-V7-Patienten schlechtere Ergebnisse bzgl. des Überlebens ohne Fortschreiten der Erkrankung bzw. des Gesamtüberlebens.

Dafür zeigen Studienergebnisse, dass im Gegensatz zu früheren Annahmen ,AR-V7-positive Patienten sogar empfindlicher für die Behandlung mit Taxanen sind. Dazu zählt Docetaxel – der Hauptwirkstoff zur Chemotherapie.

Allerdings sollten Empfehlungen basierend auf einem AR-V7 Detektionstest momentan nur mit großer Zurückhaltung ausgesprochen werden, da es auch Berichte über ein Ansprechen von Enzalutamid oder Abirateron gibt, trotz des Nachweises von AR-V7 in zirkulierenden Tumorzellen. Hier sind weitere prospektive klinische Studien notwendig um nachzuweisen, welcher Test zum Nachweis der Splice-Varianten sinnvoll ist.

Weitere Artikel die Sie interessieren könnten: