Operationsverfahren zur BPS-Behandlung

Bisheriger Standard der Operation einer gutartigen Prostatavergrößerung (BPH) war und ist die transurethrale Resektion der Prostata (TUR-P). Zunehmend werden aber Laserverfahren eingesetzt und nehmen an Bedeutung immer mehr zu. Zahlreiche alternative Methoden sind eher Randerscheinungen mit einem geringen Stellenwert.

Nachdem die Untersuchungsbefunde vorliegen und die Entscheidung zum operativen Eingriff gefallen ist (Näheres s. Behandlungsplanung), wird das im Einzelfall am besten geeignete Verfahren ausgesucht:

Wenn ein zwingender Grund (absolute Indikation; s. Behandlungsplanung) zur Operation besteht, stehen sogenannte primär ablative Verfahren an erster Stelle, bei denen das überschüssige Prostatagewebe sofort entfernt wird: TUR-P, offene Prostataoperation, HoLEP oder Laservaporisation der Prostata (Erläuterungen s.u.). In nicht so akuten, nicht so dringenden Fällen  sind die oben genannten Methoden ebenso Standard. Es kann aber unter Umständen vielleicht auch über alternative Verfahren, wie die Stent-Implantation ILC, HE-TUMT, TUNA u.a. nachgedacht werden.

Die Enukleation der Prostata als offene Operation wird inzwischen zwar selten durchgeführt, hat aber immer noch ihren Stellenwert und ist ein Standardeingriff. Besonders bei einer sehr großen Prostata, wenn z.B. ein entsprechender Laser nicht zur Verfügung steht, ist die Methode eine gute Alternative. Als ultima ratio, wenn gar nichts anderes mehr möglich oder sinnvoll ist, bleibt eine Harnableitung durch Katheter. Dieser wird durch die Harnröhre (transurethral) oder vorzugsweise durch die Bauchdecke oberhalb der Schamgegend (suprapubisch) in die Blase gelegt.

Als Standard gilt die transurethrale Resektion der Prostata (TUR-P, s.u.), an der sich alle anderen Methoden messen lassen müssen. Derzeit gibt es eine ganze Fülle höchst unterschiedlicher Verfahren, und es werden ständig neue entwickelt. Alle haben zwei Ziele: Erstens, die Beschwerden und den Harnabfluss möglichst schnell, gut und dauerhaft zu verbessern sowie ernste Folgen des BPS zu verhindern (s. Zeichen und Komplikationen). Und zweitens, die Belastung durch den Eingriff und dessen mögliche Komplikationen zu minimieren.

Auswahlkriterien für das Operationsverfahren sind beispielsweise:

  • Risikofaktoren des Patienten: Sie können die Auswahl erheblich einschränken (z.B. Blutungsneigung).
  • Belastung durch den Eingriff: Ambulante oder stationäre Durchführung, Katheter-Tragezeit und Beschwerden nach dem Eingriff, Dauer bis zur Linderung der Beschwerden und bis zur Abheilung.
  • Verfügbarkeit und Kosten: Manche Verfahren sind nur in Spezialzentren verfügbar, und es stellt sich die Frage der Kostenübernahme.
  • Gewinnung von Gewebe zur feingeweblichen Untersuchung (Histologie): Nur entferntes Gewebe kann auf das Vorliegen eines Prostatakarzinoms untersucht werden. Gewebe, welches, z.B. durch bestimmte Laserverfahren, verändert / geschädigt wird, eignet sich dafür nichtmehr.

Mögliche Komplikationen des Eingriffs sind beispielsweise:

  • Zwischenfälle während und bald nach Narkose und Operation (abhängig von Narkoseart, Alter, Begleiterkrankungen u.a.) Zum Beispiel Blutung, TUR-Syndrom (Erkrankung durch Einschwemmen von Spülflüssigkeit ins Blut), Harnweginfektion.
  • Beschwerden beim Wasserlassen während der Abheilung.
  • Unwillkürlicher Harnabgang siehe Harninkontinenz.
  • Erektionsstörung („Impotenz“, erektile Dysfunktion, ED): Besteht zum Teil schon vor dem Eingriff und ist keine häufige Nebenwirkung.
  • Retrograde („trockene“) Ejakulation: Die Entleerung des Spermas beim Samenerguss in die Harnblase (rückwärts) tritt, je nach Verfahren, sehr häufig auf (60-90%), weil mit dem Prostatagewebe ein Teil der Muskulatur des inneren Schließmuskels entfernt wird. Libido („Lust“) und Orgasmus (sexueller Höhepunkt) werden dadurch nicht beeinträchtigt.
  • Behinderung des Harnabflusses durch Narbenbildung (Strikturen) in der Harnröhre oder am Blasenhals.
  • Erneute Operation wegen Rezidiv (Wiederauftreten) oder Narben. Hier zeigen sich die deutlichsten Unterschiede der verschiedenen Verfahren.

Transurethrale Resektion der Prostata (TUR-P)

Entfernen des Gewebes (Resektion) mit einer Elektroschlinge in Narkose durch die Harnröhre (transurethral) unter Sicht (endoskopisch). Häufigste urologische Operation, zweitälteste Operationsmethode beim BPS, Standardverfahren. Hervorragende und dauerhafte Verbesserung von Beschwerden und Harnabfluss mit geringer Komplikationsrate bei richtiger Patientenauswahl und moderner Technik. Zahlreiche Weiterentwicklungen mit gleich guten Ergebnissen (Langzeitdaten fehlen zum Teil) und weniger Komplikationen (z.B. Niederdrucksysteme, bipolare Resektion). Minimal-TUR-P: Teilweises Entfernen des Gewebes wird als schonende Variante bei schwerkranken Patienten durchgeführt.

Adenomenukleation (AE, offene Prostataoperation)

Entfernen (Auslösen = Enukleation) der vergrößerten Prostatateile (des Adenoms) in Narkose durch einen offenen Zugang (durch die Bauchdecke, dann durch die Blase oder zwischen Blase und Schambein). Älteste Operationsmethode beim BPS, Standardverfahren, angezeigt zum Beispiel bei sehr großer Prostata (meist ab 70ml) und Begleiterkrankungen wie Harnblasensteinen, Ausstülpungen (Divertikel) der Harnblasenwand und Leistenbruch. Ergebnisse und Komplikationsrate in geübter Hand etwa gleich wie bei TUR-P. Dieses Verfahren wird heutzutage nur noch selten durchgeführt.

Transurethrale Inzision der Prostata (TUIP)

Einschneiden (Inzision) von Blasenhals und Prostata durch die Harnröhre unter Sicht, eventuell Entfernen störenden Gewebes. Empfohlen bei so genannter Blasenhalsstarre und bei jüngeren, sexuell aktiven Männern mit kleiner Prostata. Sie kann als Alternative zur TUR-P bei kleiner Prostata (weniger als 30ml) eingesetzt werden. Annähernd gleiche Wirksamkeit wie die TUR-P mit weniger Komplikationen dafür aber schlechteren Langzeitergebnissen, die häufig eine erneute Operation erforderlich machen.

Laserverfahren

Zahlreiche Laser-Arten für viele verschiedene Verfahren werden bereits verwendet. Je nach den Eigenschaften des Laserlichts und der Art der Anwendung des Laserlichtes wird das Prostatagewebe reseziert, also als Gewebestücke entfernt, vaporisiert (verdampft) oder koaguliert (verkocht) mit nachfolgendem Abstoßen oder Abbau des Gewebes.

Im Vergleich zur TUR-P und offenen Operation, gibt es für die Laserverfahren weniger Studien mit kürzeren Nachbeobachtungszeiten. Die Ergebnisse einiger Laserverfahren sind aber vergleichbar gut und haben oft geringere Nebenwirkungen (Blutungen, TUR-Syndrom) als bei der TUR-P. Laserverfahren eignen sich besonders bei Blutungsneigung und einer großen Prostata, die ansonsten offen operiert werden müsste. Viele Verfahren gelten als minimal invasiv (wenig eingreifend). Einige können ambulant und/oder in örtlicher Betäubung erfolgen (z.B. ILC und Laservaporisation). Folgende Verfahren werden häufig und erfolgreich angewendet:

Holmiumlaserenukleation der Prostata (HoLEP): Auslösen (Enukleation) oder Entfernen (Resektion) des Gewebes durch die Harnröhre unter Sicht. Etwa gleich gute Ergebnisse wie TUR-P, weniger Komplikationen, aber schwerer erlernbar (viel Erfahrung nötig). Ist bei deutlicher Harnabflussbehinderung durch die Prostata eine Alternative zur TUR-P und offenen Operation.

Laservaporisation der Prostata (auch: photoselektive Vaporisation der Prostata, PVP): Vaporisation (Verdampfen) des Gewebes mit dem KTP-Laser („Greenlight-Verfahren“) durch die Harnröhre unter Sicht. Ist vermutlich ähnlich wirksam wie die TUR-P bei weniger Komplikationen und deshalb eine Alternative zur TUR-P und offenen Operation (nur relativ kurzfristige Ergebnisse verfügbar).

Interstitielle Laserkoagulation (ILC): Koagulation (Verkochung) des Gewebes nach Einbringen der Laserfaser in die Prostata (in das Zwischengewebe = Interstitium) vom Damm aus. Sekundär ablatives Verfahren (zunächst Anschwellen, dann Abstoßung oder Abbau des Gewebes). Gute Linderung der Beschwerden, geringere Verbesserung des Harnabflusses als die TUR-P, weniger Komplikationen, Katheter länger nötig, bei hohem Operationsrisiko möglich. Eher als alternative Behandlungsoption zu bewerten.

Neue Verfahren

Verödung der Prostata: Von einen Radiologen werden durch die Leiste (vergleichbar wie beim Herzkatheter) die, die Prostata ernährenden Blutgefäße aufgesucht und dann verschlossen (verödet). Das Prostatagewebe wird dadurch nicht mehr mit Sauerstoff versorgt und stirbt mit der Zeit ab. Nach den wenigen verfügbaren Studien ist das Behandlungsergebnis kurzfristig gut, längerfristig eher schlechter als bei den Standardverfahren. Die Nebenwirkungen scheinen etwas gravierender zu sein und der Patient wird einer relativ hohen Strahlungsbelastung ausgesetzt. Das Verfahren wird in Deutschland von einigen Instituten, darunter auch Universitätskliniken, durchgeführt und ist daher wohl nicht als exotisch einzuordnen. Eine abschließende Beurteilung ist nach den wenigen vorliegenden Ergebnissen allerdings auf keinen Fall möglich.

Urolift: Durch die Harnröhre werden endoskopisch eine Art „Anker“ in das die Prostata umgebende Gewebe eingebracht und daran befestigte Fäden gestrafft. Die Prostata wird dadurch zur Seite gebunden und die Harnröhre an dieser Stelle erweitert. Das Verfahren wird ambulant vorgenommen, intraoperative Komplikationen (z.B. Blutungen) kommen in der Regel nicht vor. Erfolgsraten sind primär akzeptabel, langfristig eher schlecht. Ausreichende Untersuchungsdaten liegen nicht vor.

AquaBeam: Die Prostata wird computergesteuert mit Ultraschall vermessen. Der Operateur markiert die Bereiche, die reseziert werden sollen. Die Resektion erfolgt dann, „fast wie in einem Videospiel“, durch den Computer gesteuert automatisch mittels eines Hochdruckwasserstrahls. Natürlich kann der Operateur jederzeit eigreifen. Wegen der hohen Blutungsneigung muss die Prostataloge nach der Operation mit einen speziellen Katheter tamponiert (ausgestopft) werden. Daten dazu liegen kaum vor

Alternative Verfahren:

Hier gibt es eine große Vielfalt von Verfahren, die teilweise sinnvoll, teilweise etwas skurril anmaßen.  Die Prostata wird gekocht, gekühlt, gewärmt, gerafft, bestrahlt, mit Elektroschock, Magnetwellen, Ultraschall oder Wasserstrahl behandelt. Es werden die unterschiedlichen Stents zur Erweiterung, Spannung oder Nekrotisierung (Absterben) eingebracht. Hier einige Beispiele:

Transurethrale Mikrowellenthermotherapie (TUMT): Erhitzen des Gewebes durch Mikrowellen mit einem wassergekühlten Katheter durch die Harnröhre, entweder mit Niedrig-Energie (NE-TUMT) oder Hoch-Energie (HE-TUMT). Beide sind ambulant und ohne Narkose möglich. Die HE-TUMT wirkt sekundär ablativ (zunächst Anschwellen des Gewebes, deshalb Katheter nötig). Sie lindert die Beschwerden weniger als die TUR-P, verbessert den Harnabfluss geringer, hat weniger Komplikationen und erfordert aber mehr Zweiteingriffe (max. 5 Jahre Nachbeobachtung, nur für wenige Geräte nachgewiesen).

Transurethrale Nadel-Ablation der Prostata (TUNA): Erhitzen des Gewebes mit Radiofrequenzwellen über Nadelantennen durch die Harnröhre unter Sicht. Die TUNA ist ohne Narkose möglich und wirkt sekundär ablativ (zunächst Anschwellen des Gewebes, deshalb evtl. Katheter nötig). Sie verbessert Beschwerden und Harnabfluss mehr als Medikamente, aber weniger als die TUR-P, hat selten Komplikationen und erfordert häufig eine erneute Behandlung.

Prostatische Stents: Röhrchenförmige Implantate aus verschiedenem Material, die in örtlicher Betäubung vorübergehend (temporär) oder dauerhaft (permanent) in die Harnröhre innerhalb der Prostata eingesetzt werden. Stents wirken nicht ablativ (schädigen kein Prostatagewebe) und verbessern den Harnabfluss ähnlich wie die TUR-P. Wegen häufiger Komplikationen (z.B. andauernder Harndrang, zunehmende Beschwerden, Verlagerung des Stents) müssen sie oft wieder entfernt werden (bis 50% in 10 Jahren).

Weitere Behandlungsverfahren: Zahlreiche weitere Verfahren werden derzeit zur operativen Behandlung des BPS erprobt, werden aber nur experimentell eingesetzt und können zur Zeit gar nicht  beurteilt werden, zum Beispiel Einspritzen von Alkohol oder Botulinustoxin (s. im Magazin Operative Eingriffe bei BPS und Botulinustoxin bei Prostataerkrankungen), Ballondilatation (Aufweitung mittels Ballonkatheter), HIFU (hoch intensiv fokussierter Ultraschall), WIT (wasserinduzierte Thermotherapie), endoskopische und roboterassistierte Adenomenukleation.

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